Der 2019er Rucksack von Lidl im Praxistest
Was taugt das vermeintliche Billigteil und was nicht?
Nachdem der Rucksack im reinen Faktentest garnicht mal so schlecht abgeschlossen hat, sollte er sich nun im Praxistest beweisen. Wie also ist der Tragekomfort dieses LIDL-Rucksacks? Wie hat er denn nun abgeschlossen beim befüllen, Tragetest und der Regenchallenge?
Um es vorweg zu nehmen, der Rucksack war am Wochenende 4. und 5. Mai 2019 eingehend in der Praxisprüfung. Das Wochenende war leider weitestgehend verregnet. Aber diese Wettersituation wurde von mir mit Absicht so gewählt um den Probekandidaten nicht zu schonen, aber davon später mehr.
Als erstes ging es an das befüllen des Rucksacks. Das war dank des getrennten Bodenfachs einfacher als gedacht. Ich packte den Rucksack mit meinen Pilgerutensilien die natürlich den 60 Liter fassenden Rucksack gar nicht füllen konnten da ich persönlich mit einem 48 Liter fassenden Rucksack unterwegs bin. Also packte ich noch jede Menge geknülltes Zeitungspapier in den Rucksack um diesen zu füllen damit er eine stabile Form bekommt. Mein zweiter Gedanke beim benutzen von Zeitungspaier war das man darauf eingedrungene Feuchtigkeit leichter erkennen kann. Dazu jedoch weiter unten im Text mehr.
Als nächste kam das einstellen der Riemen. Ich nahm die groben Maße bei meinem Osprey um sie bei diesem Rucksack 1:1 zu verwenden. Dann den Rucksack aufsetzen und mit Hilfe meine Frau und eine Feinjustierung der Riemen und des Tragesystems vornehmen. Auch das ging relativ problemlos. Die Riemen laufen sehr leicht durch die Riemenschlaufen ohne zu haken. Ein bisschen verwundert war ich schon, denn ich hatte mal einen günstigen Rucksack von AspenSport den Adventure 65 und da war es eine Qual die Gurte bzw. Riemen einzustellen. Der Rucksack kostete 60 Euro. Von einem Rucksack der davon gerade mal die Hälfte kostet habe ich noch mehr Schwierigkeiten beim einstellen des Tragesystems erwartet. Dem war aber nicht so. Erneut bin ich zu der Einsicht gelangt, dass sich hier die guten Eigenschaften der namhaften Hersteller abgeschaut und erfolgreich umgesetzt wurden.
Nun ging es an den eigentlichen Praxistest. Der Tag begann wunderschön mit Regen und ich setzte meinen Regenponcho ein, so wie ich es auch auf dem Jakobsweg machen würde. Der Rucksack saß fest auf meinem Rücken ohne zu wackeln, zappeln oder sonst irgendwas. Das Tragesystem ist Dank seiner ordentlichen Polsterung gut den ganzen Tag zu tragen. Das gilt für die Schultergurte als auch für die Hüftflossen. Leider war der Tag eher ein Testtag für meinen Regenponcho der sich jedoch schon längst auf der Via Baltica bewährt hatte. Am nächsten Tag war es allerdings wechselnd bewölkt und gelegentliche Schauer, also zog ich meine Regenjacke an, verpasste dem Rucksack das mitgelieferte Regencover und zog los. Heute konnte der Rucksack bzw. das Regencover zeigen was es kann.
Gegen Mittag bin ich dann in einen Regenschauer geraten wo ich mir gewünscht hätte den Regenponcho zu haben. Meine Hosenbeine waren bis zu den Oberschenkeln feucht. In einer Schutzhütte pellte ich mich dann aus. Nahm den Rucksack ab, entfernte das Regenccover und öffnete den Rucksack um mir das Zeitungspaier direkt unter den Nähten und Reißverschlüssen genau anzuschauen. Was soll ich sagen? Das Zeitungspapier war knochentrocken. Nun wollte ich es wissen und habe das Regencover in die dafür vorgesehene Tasche geknüllt und bin ohne Regencover über dem Rucksack weiter gegangen. Ich musste auch garnicht lange warten und schon deutete eine sehr dunkle Wolke den nächsten Wolkenbruch an. Normalerweise setze ich mich solchen Regengüssen nicht aus wenn es nicht sein muss, aber heute war genau dies mein Ziel. Es schüttete und war vermengt mit Schneematsch und Graupel. Der Regen hielt für ungefähr eine halbe Stunde an. Ich war so derbe durchnässt, dass ich beschloss für den Tag die Wanderung abzubrechen und kürzte die gedachte Schleife ab um wieder zu meinem Auto zu kommen.
Zu Hause angekommen untersuchte ich den Rucksack auf eingedrungene Feuchtigkeit. Was soll ich sagen? Ausser an der Stelle wo ich das klatschnasse Regencover in die Reißverschlusstasche gesteckt habe war etwas Feuchtigkeit ins Innere des Rucksacks gezogen und zwar durch das Innenfutter der Aufbewahrungstasche für das Regencover. Ansonsten staunte ich, dass dieser Rucksack nicht einen Tropfen Wasser durch gelassen hatte. Nicht an den Nähten, nicht an den Reißverschlüssen nicht an den Stellen wo die Schulter- und Hüftriemen am Rucksack angenäht waren. Ich war ein bisschen erstaunt – das hätte ich nicht erwartet. Bei mir ist dieser Ruck in keinsterweise durchgefallen sondern hat den Praxistest bestanden.
Resumee zu dem LIDL Rucksack: Ein durchaus brauchbarer Rucksack für einen extrem guten Preis. Regendichtigkeit = gut, Tragekomfort = zufriedenstellend, Eigengewicht = gut, Verarbeitung = befriedigend, Volumen = 60+10 Liter; Zwei Mankos gibt es bei diesem Model: Das erste Manko ist die fehlende Größeneinstellung vom Riemen bzw. Gurtsystem. Das hat zur Folge das ich mit fast zwei Metern Körpergröße von dem „Brustgurt“ fast erdrosselt werde weil das Backpack viel zu hoch sitzt. Für mich völlig ungeeignet!
Das zweite Manko ist die Größe bzw. das Volumen. Das hat mich tatsächlich gestört und ist der Grund warum ich diesen Rucksack auch wieder zurück gebe, ich habe keine Verwendung für einen 70 Liter Rucksack. Heutzutage geht der Trend zu immer kleineren Rucksäcken mit geringerem Volumen und Equipment aus dem Ultra Light Bereich. Wenn ich LIDL einen Rat geben könnte wäre es einen kleineren Rucksack in dieser Qualität anzubieten. Weniger ist Mehr!